Interview mit dem Architekten Dipl.-Ing. Harry Vogt, VOGT-ARCHITEKTEN BDA
Wie würden Sie Ihren Stil bezeichnen? Auf was legen Sie besonders Wert? Was liegt Ihnen bei Ihren Objekten besonders am Herzen?
Unser Baustil ist modern, geradlinig in Verbindung mit einer kubischen Formensprache, geprägt durch die Bauhaus-Architektur. Besonderen Wert legen wir auf die Funktionalität eines Gebäudes (Form follows function). Der Nutzer soll sich wohl fühlen, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze werden optimiert, die neuen Räume sollen möglichst gut zur geplanten Nutzung passen. Wichtig ist mir auch die ganzheitliche Gestaltung eines Gebäudes, dazu gehört auch die Innenarchitektur und die Aussenanlagenplanung sowie ein angepasstes Material- und Farbkonzept über alle Bereiche.
Sie verfügen über große Erfahrungen im Bereich von Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerken. Warum haben Sie sich für diese Branche spezialisiert und welche Energieversorgungsunternehmen haben bereits von Ihrer Planung profitiert?
Unser erster grosser Auftrag erhielten wir von der Badischen Gas AG in Lörrach, wir durften dort ein Kundenzentrum und im Anschluss dann viele weitere Gebäude planen und bauen. Durch diese Arbeiten entstanden Kontakte zu weiteren Energieversorgern.
Für uns ist ein Energieversorger ein idealer Bauherr, da wir immer daran interessiert sind innovative Gebäude zu planen, welche auch in Punkto Gebäudetechnik und Nachhaltigkeit führend sind. Dies deckt sich auch immer gut mit den Vorstellungen und Zielen eines Energieversorgungsunternehmens.
Unser grösster Kunde in diesem Sektor ist die badenova AG für welche wir schon seit über 20 Jahren viele Baumassnahmen an diversen Standorten ausführen durften. Weitere Kunden sind die Stadtwerke Halberstadt, die Erdgas Mittelsachsen GmbH sowie die Energie SaarLorLux in Saarbrücken.
Sie haben eine Auszeichnung für die Hauptverwaltung von badenova Freiburg mit dem DGNB-Zertifikat in „Platin“ erhalten, für was steht dieses Zertifikat?
Wir durften schon zwei Verwaltungsgebäude für die badenova realisieren, die mit dem DGNB- Zertifikat in Platin ausgezeichnet wurden. Dies ist schon ein Alleinstellungsmerkmal, da es bisher nur sehr wenige Architekten gibt, die ein Gebäude mit dieser Auszeichnung realisieren konnten.
Der Nachhaltigkeitsansatz, den die DGNB mit all ihren Aktivitäten verfolgt, basiert auf einem Dreisäulenmodell bestehend aus: Ökonomie, Ökologie und Sozialem. Auf das Bauen lässt sich dies vereinfacht wie folgt übertragen:
Die Ökonomie bezieht sich darauf, dass wir Gebäude wirtschaftlich sinnvoll und über dessen gesamten Lebenszyklus betrachten. Sie sind so zu planen, zu bauen und zu betreiben, dass sie langfristig genutzt werden können – aus finanzieller Sicht, aber auch mit Blick auf eine flexible Raumnutzung.
Die Ökologie steht – vereinfacht gesprochen – für den ressourcen- und umweltschonenden Bau von Gebäuden. Es geht unter anderem um die Vermeidung von Schad- und Risikostoffen, um eine klimafreundliche Bauweise mit einem möglichst geringen CO2-Fußabdruck sowie die Förderung von Biodiversität.
Im Fokus des Sozialen stehen die Nutzenden der gebauten Umwelt mit ihrem Wunsch nach Gesundheit, Komfort und Wohlbefinden. Hierbei gilt, dass der Mensch im Mittelpunkt der Planung stehen sollte.
Darüber hinaus spielen zahlreiche weitere Aspekte eine wichtige Rolle. Aus technischer Sicht sind dies Themen wie die Rückbaubarkeit und Recyclingfähigkeit oder die Qualität der Gebäudehülle. Oder verschiedene Prozesskriterien, die der Qualitätssicherung über die komplette Projektlaufzeit hinweg dienen. Auch standortbezogene Aspekte spielen eine Rolle, um ein Plus an Nachhaltigkeit zu erzielen. Nicht zuletzt gehört für die DGNB die gestalterische und baukulturelle Qualität zu einem ganzheitlich nachhaltigen Gebäude dazu.
Von nachhaltigem Handeln kann dann gesprochen werden, wenn diese unterschiedlichen Dimensionen in Einklang gebracht sind. Dabei gibt es nicht die eine allgemeingültige Lösung. Jede Bauaufgabe ist bis zu einem gewissen Grad individuell. Beim nachhaltigen Bauen geht es darum, mit den vorhandenen Möglichkeiten das Maximale im Sinne einer ganzheitlichen Qualität herauszuholen. Oder anders gesagt: Um bessere Gebäude und Quartiere.
Wie sieht das nachhaltige Energiekonzept für den Neubau der ewk konkret aus?
Die Wärme- und Kälteversorgung erfolgt mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. Dabei wird in einem Kältemittel-Kreisprozess die Umgebungsenergie aus der Luft auf das wassergeführte Heiz- oder Kühlungssystem im Gebäude übertragen. Wichtig dabei ist der Einsatz von Niedertemperatursystemen wie z.B. Heizen mit Fußbodenheizung oder Bauteilaktivierung. Dies wird bei der ewk umgesetzt. Zur Kühlung der Büroräume im Verwaltungsgebäude werden Umluftkühlgeräte eingesetzt und für den hygienischen Luftwechsel kommt eine Lüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung zum Einsatz.
Natürlich benötigen die Wärmepumpe, Lüftungsanlage oder Umluftkühler eine Antriebsenergie in Form von elektrischem Strom. Dieser Strombedarf wird zum großen Teil von der eigenen PV-Analge auf den Dächern von Werkstatt- und Lagergebäuden gedeckt.
Welche besonderen Technologien und Materialien kommen bei der Energie- und Wasserversorgung zum Einsatz?
Nennen kann man hier die Wärmepumpen-Technologie mit dem Einsatz von natürlichem Kältemittel. Bei der ewk wird eine Wärmepumpe mit Propan als Kältemittel eingesetzt, das mit seinem sehr niedrigen Treibhausgaspotential eine höhere Umweltverträglichkeit besitzt. Weiter wird die Wärmepumpe zur Energieversorung von Heizen UND Kühlen verwendet. Da beispielsweise die Kühlung hauptsächlich in den Sommermonaten benötigt wird und dort auch reichlich Sonne scheint, wird so eine „teilsolare“ Klimatisierung des Verwaltungsgebäudes erreicht.
Wie wird die Energieversorgung des Gebäudes sichergestellt, insbesondere in Bezug auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz und langfristig nachhaltig und wirtschaftlich rentabel bleibt?
Die Energieversorung setzt hier auf 100% Öko-Strom, der zum Einen von der eigenen PV- Anlage produziert wird und zum Anderen auf Öko-Strom aus dem Stromnetz, der in den kommenden Jahren immer „grüner“ werden soll bzw. muss. Die Wärmepumpen-Technologie ist ein Bestandteil der Energiewende und trägt in Verbindung mit „grünem“ Strom zur Dekarbonisierung … also zur CO2 Reduzierung bei.
Wie sehen Sie die Rolle der Architektur in Bezug auf den Umweltschutz und die Nachhaltigkeit?
Wie vorhegehend schon ausgeführt kann eine innovative Architektur sehr viel zum Umweltschutz und zur Nachhaltigkeit beitragen.
Dies beginnt mit der Planung, mit der Auswahl der Baumaterialien, dem Einsatz der geeigneten Haustechnik und dem sorgsamen Umgang mit der Ressource Bauland. Konkret jetzt für die Gebäude der ewk bedeutet dies z.B. kompakte Baukörper, sehr gute Wärmedämmung, Verwaltungsgebäude mit extensiv begrüntem Dach zur Reduzierung der Kühllast im Sommer, innovative Haustechnik wie oben beschrieben.
Im Aussenbereich Versickerung von Regenwasser der Dachflächen und „Rückführung“ ins Grundwasser, Rückhaltung und Reinigung von Regenwasser der befestigten Flächen um den Vorfluter zu entlasten. Verringerung des Flächenverbrauchs durch kompakte Anordnung der einzelnen Gebäude auf dem Grundstück.